Aus dem mentalen Zusammenbruch habe ich viel gelernt. Was genau? Man sollte bewusst eine Verbindung zwischen dem Mind und dem Körper entwickeln – Gespräch mit Bella Garcia.
Marlena: Da du Tänzerin bist, ist dein Körper für dich…
Bella: … mein Kapital. Ich brauche meinen Körper um meinen Berufen nachgehen zu können.
Dementsprechend geht es nicht nur um das Äußerliche, sondern auch…
Um die bewusste Betrachtung des Körpers?
Genau. Je älter man ist, desto deutlicher kriegt man das Gefühl vorsichtiger zu sein. Man
geht nicht mehr an die Grenzen, an die man als jüngerer Mensch gegangen ist, man geht ein
geringeres Risiko ein.
Außerdem gibt es in der künstlerischen Branche ja auch andere besondere Faktoren,
auf die man aufpassen sollte.
Die Künstlerwelt ist eine andere Welt, weil dort sehr viel Ego hin und her schwimmt. Ein
Raum, in dem man immer im Austausch mit anderen Menschen ist, die auf eine besondere Art
und Weise stark sind. Die wissen, was sie wollen oder die künstlerisch sehr Präsenz sind. Das
ist eine Welt, in der man auf seine eigene Energie sehr gut aufpassen muss; bewusst erkennen
muss, wo man seine Grenzen hat, um deutlich den Zeitpunkt zu erkennen, wann und aus
welchem Grund man sich zurückziehen sollte. Darüber hinaus bedeutet Künstler zu sein, sehr
harte mentale Arbeit in dem Sinne, dass man sich immer wieder motivieren muss; manchmal
gibt es Momente, in denen man wie eine Maschine funktionieren muss.
In einem solchen Modus ist es nicht schwer, seine Ressourcen komplett
aufzubrauchen.
Ich habe erst – bis es wirklich fast zu spät war – gemerkt, dass ich fix und fertig war. Es ist
zwar keine Krankheit gewesen, aber durch diese Erschöpfung– geistig, körperlich und seelisch,
bin ich an der Grenze angekommen.
Das passiert ja auch nicht von heute auf morgen.
Bei mir hat es sich in den letzten zwei Jahren entwickelt. Ich war nicht nur als Tänzerin und
Künstlerin tätig, sondern ich baute auch ein eigenes Unternehmen auf; es kamen sehr viele
Jobanfragen auf einmal. Jeden Tag musste ich tausende Aufgaben erledigen. Das alles hat
mich komplett überfordert.
Ständig spürte ich den Druck, dass ich sofort etwas abliefern sollte, etwas zusammenkratze und
darauf wieder etwas künstlerisches baue. Es ist mir klar geworden: ich kann einfach nicht mehr
und brauche eine Pause. In dieser Zeit bin ich auch aggressiver in meinem Inneren geworden
und kommunizierte auch klar nach Außen, dass ich weder Lust noch Kraft mehr habe. Mein
Lächeln und meine Freude waren weg. Und ich konnte und wollte es auch nicht überspielen.
Viele haben es gemerkt, weil sie mich in so einem schlechten Zustand noch nie gesehen
haben. Ich war am Ende. Das war ein Burnout.
Also war deine Kreativität auch weg.
Ja. Und bisher habe ich so etwas nicht erlebt, dass ich Wochenlang brauchte, um eine
Choreografie zu bauen! Ich bekam einen Song und mir fiel nichts ein. Am Ende ging es
irgendwie, aber ich fühlte, dass ich keinen Flow habe, keine Ideen.
Hat dich dann die Pandemie ein bisschen gerettet? Auf einmal waren doch tausende
von täglichen Aktivitäten und Verpflichtungen weg…
Ich nutzte den Lockdown und bin für drei Monate nach Ghana gegangen. Und das war die
beste Entscheidung in der Corona Zeit nicht in Deutschland, nicht in Berlin zu sein. In einer
großen Stadt gibt es viele Menschen, es ist einfach so laut. Energien verteilen sich und man
muss aufpassen, dass man sich da drin nicht verliert. Es ist wichtig für die psychische Balance
mal die Stadt zu verlassen, um Ruhe und Stille finden zu können.
Könntest du sagen, dass du jetzt einen Weg zur Balance gefunden hast?
Die letzten 12 Monate waren für mich wie eine Schule. Aus dem mentalen Zusammenbruch
habe ich viel gelernt. Was genau? Man sollte bewusst eine Verbindung zwischen dem Mind und
dem Körper entwickeln. Dem Körper und der Seele zuhören. Es kann vorkommen, dass der
Kopf sagt: du kannst, du musst, du solltest – aber oft ist es so, dass der Kopf kontra dazu
arbeitet, was das Herz dir zuflüstert. Im Endeffekt bekommst du in deinem Körper immer die
richtige Antwort. Schau mal, wir benutzen häufig den Spruch: was sagt dir dein Bauchgefühl.
Was metaphorisch bedeutet, dass man auf die eigene Intuition hören sollte. Wenn der Körper zu müde ist, gibt es genug Zeichen – höre zu! Es ist wichtig auf diese
Stimme zu achten und die Fähigkeit und ein Bewusstsein zu entwickeln wann es der richtige
Zeitpunkt ist, sich zurückzuziehen.
Hast du dafür auch eine konkrete Technik entwickelt oder einen guten Trick?
Wochenpläne zu erstellen und Prioritäten setzen. Genau gucken, wie sieht die Woche aus,
was sind die Basics, was muss man definitiv erledigen und wann kann man sich Zeit für sich
und für die Dinge, die einem Spaß machen nehmen. Kurzum: so viel Ruhe wie möglich schaffen
und Chaos vermeiden.
Also rätst du ab Urlaub zu vermeiden?
Urlaub ist dazu da, um sich von der Arbeit zu lösen. Sich zu regenerieren auf jeder Ebene:
körperlich, geistig und seelisch. Das ist die Zeit um sich wieder aufzutanken. Wir ackern alle so
viel! Es ist enorm wichtig, essenziell sogar, dass man sich regelmäßig Urlaub nimmt. Wenn man
ab Montag bis Sonntag arbeitet (keiner seltener Fall!), kann man gar nicht abschalten, weil
wann?
Viele machen es aber nicht.
Und das führt bei diesen oft zur kompletten Überarbeitung bis hin zum Burnout. Ohne
richtige Erholung ist man psychisch labil und prädisponiert schneller krank zu werden. Man
verliert die Liebe an dem man was macht. Das Feuer brennt nicht mehr. Ich persönlich brenne
für alles was ich tue, schon immer. Und jetzt ist mir klar geworden, dass ich mich um dieses
Feuer wirklich kümmern muss.
Die Mentale Gesundheit ist ja auch ein riesiges Thema.
Dabei es ist auch wichtig viel beziehungsweise genug Schlaf zu kriegen und sich manchmal
komplett von social Media distanzieren.
Sind die so gefährlich?
Im Netz sind viele Sachen fake und unrealistisch – einfach eine Lüge wie Manche sie zum
Teil darstellen und dadurch, dass wir als Künstler ein sensibles Ego haben, vergleicht man sich
ja ständig.
Wichtig ist manchmal Detox in jedem Sinn anzuwenden. Also erstens von social Media,
zweitens von schlechter Ernährung: dass man sich echt vornimmt, nur Nahrung zu sich zu
nehmen, die dem Körper wirklich hilft sich zu regenerieren. Und drittens: Detox von Menschen,
die dir Energie rauben und die dich gar nicht motivieren bei dem was du tust, was du liebst.
Was ist mit Hilfe suchen?
Das gehört genauso zu dem Bereich für seine Psyche zu sorgen. Das bedeutet: wenn man
merkt, dass etwas nicht stimmt, sollte man sich einen Menschen suchen, mit dem man reden
kann, um seinen Ballast abzuladen. Egal, ob das über einen Freund passiert, oder über einen
Psychologen – manche psychischen Probleme, die man mit sich trägt, möchten einen leider von
dem, was man erreichen möchte abhalten.
Ich wiederhole: Körper, Geist und Seele – alles gehört zusammen. Man muss versuchen die
Balance zu finden und sich auf jeder Ebene zu regenerieren. Der Mensch, der nichts hat, kann
auch nichts geben.
Hattest du solche Momente auch mit deiner Kreativität erlebt, also dass zu gespürt
hast, es geht nicht mehr?
Wenn ich erschöpft bin und keine Ideen habe, merke ich es mittlerweile in meinem Knie.
Wenn alles nicht mehr stimmt, also die Balance zwischen geistiger und körperlicher Nahrung,
die ich bekomme – rastet mein Körper aus. Er gibt mir eindeutige Zeichen – zum Beispiel –
schmerzen, weil ich nicht mehr in der Balance bin, nicht mehr ausgeglichen bin.
Erkennst du schnell, welche Energien bestimmte Menschen haben?
Dadurch, dass ich aus einer großen Familie komme und beruflich ständig verschiedenen
Arten von Persönlichkeiten kennen lerne, habe ich schon gute Menschenkenntnisse und habe
gelernt schnell zu reagieren, wenn ich merke, dass die Energie zwischen uns nicht stimmt.
Mittlerweile bin ich schon sehr geduldig, aber ich habe für mich gelernt schneller
auszusortieren, damit ich meine Zeit nicht an Leute verschwende, die mich runterziehen, damit
ich meine gute Energie durch diese Art und Weise nicht mehr verliere.
Nicht umsonst sagt man, dass wir die Summe aus Menschen sind, mit denen wir die
meiste Zeit verbringen. Mit welchem Typen von Menschen umgibst du dich denn gerne?
Mit denen, die auch kreativ sind und die motivierende Energie haben, mit denen ich in einem
gute Flow bin, mit denen ich mich austauschen kann. Visionären. Teilweise auch Menschen, die schon viel weiter sind als ich, von denen ich lernen kann. Die Menschen, die mit anderen
respektvoll umgehen, die mit denselben Werten leben, die auch mir wichtig sind.